medienbruchfrei verakten

Vor vielen vielen Jahren, in einer anderen Zeit, als noch keiner wusste, was Computer sind (außer Wissenschaftler mit dicken Brillen😎), da fing ich mit meinem Leben im ÖDie an, dem Öffentlichen Dienst. Des öfteren wieherte der Amtsschimmel und galoppierte über den Flur, aber es war ein beschauliches Leben. Der Dienst begann um halb 8 und endete um 16 Uhr. Gleitzzeit war etwas, was allerhöchstens mit Salvatore Dali und seinen zerfließenden Uhren in Verbindung gebracht wurde. Damals hingen selbstgemachte kleinere Plakate in einigen Behördeneingängen, sie waren natürlich lustig gemeint, darauf stand:

„Wir bitten alle Kollegen, die morgens etwas später kommen, scharf rechts zu gehen, damit sie diejenigen nicht behindern, die abends etwas früher gehen.“

Und darunter stand dann:

„Diese Regelung wird ab sofort aufgehoben, da wir festgestellt haben, dass es sich um ein und den selben Personenkreis handelt.“

Damals stand da nur Kollegen, noch keiner hat sich Gedanken darüber gemacht, dass es auch Kolleginnen gab. Es „war eben so“, früher war schon immer alles anders 😉

medienbruchfrei veraktenDiese kleinen „Plakate“ wurden übrigens nicht gedruckt, Drucker waren die Teile, mit denen Zeitungen gedruckt wurden, damals gab es nur Schreibmaschinen und die standen in den sogenannten Schreibkanzleien. Dort saßen Kolleginnen und tippten die Bänder ab, die wir voll gesprochen hatten. Hatte ich ein Band fertig, brachte ich es zur Leiterin der Schreibkanzlei, sowas ähnliches wie Miss Ratched, sie teilte die Arbeit ein und kannte gegenüber eiligen Dingen keine Gnade. Man sollte sich mit ihr tunlichst gut stellen, denn man war auf sie angewiesen. Einmal in Ungnade gefallen, sah es übel aus mit fristgerechter Arbeit.

Die „Plakate“ also wurden mit der Hand gemalt, von den Kollegen oder Kolleginnen,  die es am schönsten konnten. Und war der Dienststellenleiter kein kleinkarierter Griesgram, ließ er sie hängen und lachte mit.

Damals wie heute wurden Akten bearbeitet, diese wurden zwei- bis dreimal täglich von den Boten ins Zimmer gebracht und auf den „Aktenbock“ gelegt. Der hatte zwei Fächer, Eingang und Ausgang. Und daran konnte man auch den Stress ablesen, stapelten sich im Eingang die Akten, so hatte man Stress 😜

Vermerke wurden handschriftlich geschrieben, dass man einem Kollegen eine Nachricht „emailen“ konnte und der diese direkt auf dem „Bildschirm“ hatte, gehörte ins Reich der Phantasie. Dass man eines Tages einen Fernseher auf seinem Schreibtisch stehen hatte und dort „alles sehen“ konnte, wer das erzählt hätte, den hätte man in der Tat bei Miss Ratched angemeldet 😉

Ich kann es mir nicht mehr vorstellen, wie es war, Akten zu bearbeiten ohne Computer. Natürlich weiß ich das noch, aber es ist so weit weg. Wie aus einem anderen Leben. Der Bote bringt eine Akte, man bearbeitet diese, es fehlt noch eine Stellungnahme von einem Kollegen eine Etage tiefer, man schreibt das in einen Vermerk, handschriftlich, legt die Akte wieder auf den Bock, der Bote holt sie das nächste Mal ab und bringt sie auf seiner Tour durchs Haus bei dem Kollegen vorbei. Der liest den Vermerkt, leitet die nötigen Schritte ein… und Tage später hatte man wieder die Akte auf dem Bock, diesmal mit der gewünschten Stellungnahme. Wenn es eilig war, dann rief man den Kollegen an und konnte, wenn er Zeit hatte, die Akte gleich selber vorbei bringen.

So war das. Lang lang ist’s her. Heute macht man das per eMail, tipptipptipp und weg und schnell hat man eine Antwort. Akten werden nicht mehr von Boten ins Zimmer gebracht, es gibt eine zentrale Aktenstelle, dort hat man ein Postfach und holt sich selber seine Akten ab. Bald soll das, so ist der Lauf der Dinge, auch der Geschichte angehören. Dann gibt es nämlich die elektronische Akte. Daran arbeiten sie da, wo ich arbeite. Und so gibt es Tutorials, die einem schonmal vorab erklären, wie das aussieht und wie man in Zukunft arbeiten wird.

Ein solches Tutorial habe ich mir heute Morgen angeschaut und da sagte die Kollegin diesen Begriff: medienbruchfrei verakten.

Wer mir sagt, was das ist, kriegt einen goldenen ÖDiePunkt!! Bei 10 goldenen ÖDiePunkten hat man einen Verwaltungsakt frei. Aber nur elektronisch 😜

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2 Kommentare zu „medienbruchfrei verakten

  • April 21, 2017 um 3:59 pm Uhr
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    Wovon wohl heute die Menschen leben, die früher Akten durch die Gegend gekarrt haben ……

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      April 23, 2017 um 12:01 am Uhr
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      Also die kamen bei uns in der Druckerei unter oder im Empfang oder so. Da wurde keiner entlassen Es gibt ja heute noch Boten, nur dass die halt nicht mehr in jedes Zimmer müssen. Und sie sind von Fremdfirmen, Outsourcen ist das Zauberwort 🙁

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