Rauhnächte

Meine Großmutter hat mir früher auf ihre sehr geheimnisvolle Art erzählt, was zwischen den Jahren alles passieren kann, was man da tun darf und was nicht, und, das beste: in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar, genau um Mitternacht, da sprechen die Tiere die menschliche Sprache! Oh wie gerne hätte mich mit ihnen unterhalten! Ich war sowieso überzeugt, dass die Tiere mich verstehen können, aber ich war zu klein, um aufzubleiben, ich musste früh schlafen gehen, und wenn ich mir dann doch vorgenommen hatte, ich bleibe wach… es hat nie geklappt und so war ich einige Zeit jedes Jahr ziemlich enttäuscht, dass ich es wieder einmal verpasst hatte, endlich mit den Tieren zu reden 😉

Die Tage von Weihnachten bis zum 6. Januar werden als die Zeit „zwischen den Jahren“ bezeichnet, sie sind auch als Rauhnächte bekannt. Diese Zeitspanne rührt wohl daher, dass der 6. Januar einmal der Weihnachtstermin gewesen ist und Weihnachten wiederum der Jahresbeginn. Es stimmt ja auch, die russisch- sowie die serbisch-orthodoxe Kirche halten sich an den julianischen Kalender und da ist Christi Geburt dreizehn Tage später als in unserem Kalender, nämlich am 6. Januar. Irgendwie hört sich das ja alles wirklich nach „zwischen den Jahren“ an. Kalenderübergreifend sozusagen 😉

Der Aberglaube rund um die Rauhnächte ist in einer Zeit entstanden, als es noch kein elektrisches Licht gab, d.h. die Dunkelheit war wirklich dunkel 😉 das können wir uns heute, zumindest in unseren Breitengraden, gar nicht mehr vorstellen. Dunkelheit wurde früher ganz anders erlebt. Heute sieht man immer irgendwo Licht, und wenn man eine Großstadt in der Nähe hat, dann schimmert es zuweilen am Horizont. Richtig dunkel ist es nicht mehr.

Wie auch immer, abergläubisch bin ich eigentlich nicht, aber die Rauhnächte sind doch eine gute Zeit, um das alte Jahr Revue passieren zu lassen, um noch einmal über alles nachzudenken, sich darüber auszutauschen, was war, was ist, wo wollen wir hin usw. Das mache ich mit meinem Wandersmann gerne. Wir können das sowieso gut, nicht nur in den Rauhnächten 😜 ich sag’s immer wieder, Psychologen sind echt praktisch 😜

Aber völlig unpraktisch ist es dieses Jahr leider sehr anstrengend. Es betrifft uns nur mittelbar und doch leiden wir darunter. Wir können weiterhin unseren schönen Alltag leben, unser französisches Modell genießen, aber uns begleiten oft schwere Gedanken und darum fühle ich mich diesmal zwischen den Jahren reichlich erschöpft. Es wird, das befürchte ich, leider noch eine ganze Weile so bleiben. Eine ganze lange Weile. Viele, viele Rauhnächte. Damit müssen wir leben lernen.

RauhnächteMeine Schwester lebt im Orient und ist vor Weihnachten gekommen, um unseren Vater abzuholen. Sie brachte mir Weihnachtsgeschenke mit. Safran und einen kleinen Mörser. Was habe ich mich gefreut!

Und damit besprüht man den Reis, wenn er fertig ist. Dann wird er gelb. Sobald meine Schwester zurückkommt, nach den Rauhnächten, werden wir orientalisch kochen. Ach, was freue ich mich!

 

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